Tropen.+++Der Mythos der Reise by Robert Müller

Tropen.+++Der Mythos der Reise by Robert Müller

Autor:Robert Müller [Müller, Robert]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Zeno.org
veröffentlicht: 2015-06-28T22:00:00+00:00


XXI

Dornen in van den Dusens Walroßrücken führten mich in dieser blauen Nacht zu einem merkwürdigen Abenteuer aus, das nicht ohne unaufgeklärte Häßlichkeit enden sollte. Es gibt viel Schlangen im Djungle. Ich werde niemals wieder bei Nacht in den Djungle schleichen, weil mir langweilig ist oder die galanten Taten meiner Begleiter mich nicht zur Ruhe kommen lassen. Moki allein weiß es, was gefährlicher ist, ein vergiftetes Messer in den Händen des eifersüchtigen, lauernden Weibes oder der Stoßbiß einer jener dünnen, langen Schlangen, deren Schuppen beschleimt im Mondlicht glänzen!

Die Langeweile soll mich nicht mehr verführen. Ich bleibe brav in meiner Hütte oder im Bereich des Lagerfeuers, rauche träumerisch[165] aus meiner Pfeife und sehe mit Sehnsucht zu Aruki hinüber, wenn sie das Kleine mit den Fingerchen an den langen Brüsten kneten und mit dem Schnäuzchen säugen läßt. Die Langeweile, die tropische Langeweile, dieses Geschenk des Waldteufels, dieses Schicksal einer Rasse, die Zeit und Entwicklung noch nicht entdeckt hat, die ewige, glänzende, grünende, üppige Langeweile hat an jenem Abende auf mir gelastet.

War das die Pracht des südlichen Himmels oder war es ein trivialer Sternenhimmel ohne Stimmung, ohne Poesie? Es war ein Himmel mit seiner Bewegung und mit Witzen, ein geistvoller Himmel, an dem es in Figuren zusammenrann, in lange Ketten zusammenschmolz, in Lettern und Signalen sich sträubte wie amerikanische Beleuchtungsreklamen. Es war gewiß ein Himmel, der Geist hatte statt Schönheit und Stimmung. Ich aber entbehrte die Stimmung, und dieser Himmelsgeist sättigte meine Sehnsucht nicht. Lange saß ich in Gedanken.

Schon war das große Abendgebet des Djungles verrauscht, das Krähen, Singen und Brünsten, das Schleifen und Schlüpfen durchs Laub, das Kreuzen horniger Insekten in den Wipfeln; und in endlosen Zügen waren fußlose Wesen über den modrigen Humus zum Stillstand gekrochen.

Nun hatte die Nacht nichts Ahndevolles. Im Dorfe erscholl Lärm, die Hunde waren unruhig, ihr Gebell verlängerte gleichsam den Tag. Und doch wurde gerade diese Nacht wild und grausig und erlöste die Taten, deren Keime in all diesem übermäßigen Fleische rings um mich schlummerten. Der Mond hing voll im Zenit. Eine Gestalt ging vorbei, klein, mit plumpen Schritten. Sie fielen von einem Paar stämmiger Waden ab, die wie Ballons aufgegangen waren. An den Gelenken waren sie dünn wie Tüten. Eine Sehnsucht entstand in mir, und ich sah, daß es Rulc war. Ich stand auf und ging ihr nach. Sie wandte sich um und lief rasch weiter. Vor der Hütte van den Dusens schritt sie vorüber, sie nickten einander zu und sprachen kurz. Ich schlug dem Holländer in Gedanken den Kopf ein, feuerte sechs Schüsse gegen ihn ab, trat ihn in den fetten Bauch und stellte ihn so allen Frauen des Dorfes aus. Schnell lief ich zurück. Es war mir etwas eingefallen. In dieser Nacht konnte man seine Waffen brauchen! Ich steckte die große Mauserpistole zu mir, mit der man einen ... Puma totschießen kann, wenn man ihn an die Stirn oder in die Herzgrube trifft. Als ich zu van den Dusens Hütte kam, zitterte ich und tippte an die Pistole. Ich tippte aber bloß. Den[166] Grund fand ich darin, daß er nicht mehr da war, so daß man also tippen durfte.



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